Wieder daheim. Ein Wochenende war ich in Plzen, eine der beiden Kulturhauptstädte Europas 2015. Ich war gespannt was mich erwartet, wie die Stadt sich darauf vorbereitet hat.
Die Anreise geschah per Bahn und erst eine Station vor Plzen bekamen wir rund 20 Minuten Verspätung. Egal, war dennoch alles im grünen Bereich für mich.
Der Bahnhof Plzen hl.n. empfängt seine Ankömmlinge mit einer großen Baustelle. Gebaut wird hier wohl schon seit längerem, denn an der Bahnsteigtreppe prangte ein „2013“ in Beton gegossen. Wenn man sich anschaut was hier wohl noch alles gemacht werden muß und woran gerade gearbeitet wird, ist davon auszugehen, daß diese Großbaustelle noch ein paar Jahre Bestand haben wird.
Für mich neu waren Obusse, also Busse mit Oberleitung. Die fahren in Plzen sehr viel rum und auch mein Hotel, das Ibis Plzen, war direkt mit einer O-Bus-Linie angeschlossen.
In manchen Dingen sind uns die Tschechen weit voraus: Kreditkartenzahlung zum Beispiel. Nicht nur, daß man fast überall mit Kreditkarte zahlen kann, man zahlt in der Regel auch meistens kontaktlos. Karte an das Gerät halten, kurzer Piep und das wars. Nichts mehr mit Karte reinstecken, Betrag bestätigen usw. Selbst im Bus kann man so seine Fahrscheine kaufen. Bargeld braucht man daher nur sehr selten wirklich, z.B. als ich den Turm der Kirche bestieg. Was also jetzt gerade erst groß in den Medien angekündigt würde (kontaktloses Zahlen bei Aldi), ist in Tschechen längst Normalität. Gibt größtenteils nur noch diese Kontaktlosgeräte zum bezahlen.
Free Wifi ist in so gut wie allen Restaurants, Cafés usw. ganz normal und auch in Museen wie dem Techmania ist es verfügbar.
Verhungern muß man in Plzen definitiv nicht und auch wenn man kein tschechisch kann, wird man dort nicht vor Probleme gestellt. Speisekarten sind in der Regel mehrsprachig verfügbar: tschechisch, englisch und deutsch. Essen ist in Plzen (wie wohl überall in Tschechien) sehr billig. Eine Portion Gulasch mit Knödeln kostet so im Durchschnitt irgendwas zwischen 5 und 6 Euro umgerechnet. Und davon wird man satt.
Der ÖPNV in Plzen ist recht preiswert. Eine 24 h-Karte kostet ca. 2,50 €. Die gilt dann wirklich 24 h.
Die Internetabdeckung, ich hatte eine Prepaidkarte von O2 CZ, war okay. Manchmal hatte ich nur Edge, aber meistens H+, teils auch LTE. Hätte auch schlimmer kommen können, doch selbst dann hätte ich immer noch auf eines der zahlreichen kostenlosen WLANs zurückgreifen können.
Die Straßen in Plzen sind eine Sache für sich. Teils wirklich gut gepflegt, teils aber in einem recht grottigen Zustand. Da wird dann halt bissel Rollsplitt unbefestigt in ein Schlagloch gekippt, der sich dann auf der Straße verteilt und das Schlagloch bleibt letztlich bestehen. Rollsplitt scheint eh beliebt (und/oder billig?) zu sein in Tschechien. Den verteilt man auch gerne auf Bahnsteigen oder in den Fugen von Kopfsteinpflasterstraßen.
Der Gebäudezustand in Plzen ist auch so ein hin und her. Direkt im historischen Zentrum ist (vordergründig) alles gut saniert, aber wehe man verlässt diesen Bereich, was sich eigentlich nicht vermeiden lässt. Da gibt es mehr als genug gar nicht oder nur recht schlecht sanierte Altbauten. Deutsche Immobilienvermarkter mit Schwerpunkt denkmalgeschütze Altbauten hätten hier ihre wahre Freude dran. Da gibt es noch sehr sehr viel zu tun. Und gerade das ist es, was mich eigentlich etwas enttäuschte. Da war ich echt davon ausgegangen, daß man hier gerade auch im Hinblick auf die Kulturhauptstadtsache viel stärker im Vorfeld entsprechend saniert hat. Nun kommen zwar sicher die meisten Touristen eh nur wegen des billigen Bieres und der hier ansässigen Pilsner Urquell-Brauerei, aber dennoch dürfte der eine oder andere auch sicher mal einen Blick in die Stadt werfen und spätestens nach dem Verlassen des Bahnhofs sieht man das teils recht graue Häuserbild auf jeden Fall.
In Sachen Kulturhauptstadt sieht man zwar zahlreiche Plakate, aber alleine schon die Ausschilderung zum Depo2015, einem der wichtigsten Projekte hier vor Ort, ist nur rudimentär. Auch sonst sieht man auf dem Fußweg ein paar aufgeklebte Schilder, doch auch davon ein paar zu wenig.
Ist Plzen eine Reise wert?
Für Biertrinker sicherlich. 😉 Wer eine komplett durchsanierte Stadt erwartet, wird wohl teilweise enttäuscht werden. Licht und Schatten liegen eng beieinander. Dennoch habe ich es nicht bereut hingefahren zu sein. Bis zum nächsten Besuch von mir dort, wird es aber ein paar Jahre dauern. Bis dahin ist vielleicht auch der Bahnhof fertig…