Irgendwann flatterte eine Mail bei mir ins Postfach. Accor bot mir an für 5.000 LeClub-Punkte an einem Weinseminar vom Deutschen Weininstitut in München teilzunehmen. Übernachtung war gleich inklusive. Punkte hatte ich genug und warum nicht mal was über Wein lernen?
Und so ging es dann für mich mal nach München.
Das Seminar dauerte wirklich einen ganzen Tag. Es ging morgens halb zehn los und wenn ich das Abendessen noch mit inkludiere, dann war irgendwann gegen 22 Uhr Schluss. Wer denkt, daß da während des Tages nur Wein getrunken wurde und ich vermutlich abends mit 3,8 aufm Kessel nicht mehr geradeaus laufen konnte, den muß ich schwer enttäuschen. Aber dazu später noch etwas mehr. Mit 15 Leuten hatte das Seminar eine passende Größe.
Zuerst ging es um die Weinherstellung. Da lernten wir u.a., daß die Trauben Bitterstoffe enthalten, die nicht in den Wein dürfen, weil er sonst einfach nicht schmeckt. Die befinden sich im Stiel, in den Kernen und der Schale und müssen vor bzw. beim Keltern entfernt werden.
Interessant auch: nicht alle Trauben werden per Hand gepflückt. Häufig kommen dafür bereits Maschinen (sogenannte Vollernter) zum Einsatz, allerdings nicht bei hochwertigen Weinen.
Inzwischen gabs den ersten Wein, damit wir nicht auf dem Trockenen sitzen mussten:
2013er Oestricher Lenchen Rheingau Riesling Kabinett trocken vom Weingut Josef Spreitzer
Was soll ich sagen: wirklich lecker. Aber wir haben den natürlich nicht einfach getrunken, sondern dabei auch analysiert und gelernt woran man jungen Wein erkennt und welche Aromen der Wein im Geruch und Geschmack hatte. Vielleicht schüttelt der eine oder andere darüber den Kopf, aber ich fand das wirklich sehr interessant. Übrigens, wenn ihr mal wieder mit irgendwem zusammensitzt und verzweifelt nach einem Gesprächsthema sucht, dann versucht es doch mal mit Wein. Da lässt sich wirklich entspannt drüber reden.
Es gab auch paar Statistiken, klar sowas gehört in Deutschland dazu und ich fand die durchaus aufschlussreich.
So wird in Deutschland auf 103.000 ha Wein angebaut, davon sind 65 % mit Weißwein bebaut, der Rest mit Rotwein. Wobei sich Rotwein in den letzten 30 Jahren sehr stark gesteigert hat. Ich persönlich trinke dennoch lieber Weißwein. Das Land mit der größten Weinbaufläche ist übrigens Spanien mit ca. 1 Mio. ha. Aber, wer hätte das gedacht, China ist stark im kommen. Allerdings wird erst auf einem relativ kleinen Teil der ausgewiesenen Weinbauflächen auch Wein geerntet. In paar Jahren kann das aber anders aussehen und ich bin gespannt wann der erste chinesische Wein hier bei den Händlern bundesweit gelistet ist.
Und da sind wir beim nächsten statistischen Teil. 70 % des Weines in Deutschland wird durch den Einzelhandel verkauft, der Rest durch Gastronomie oder direkt durch die Winzer. 28 % des Weines verkauft übrigens ein einzelner Einzelhändler. Genau, Aldi ist der Branchenprimus im Weinverkauf und das hat selbst mich überrascht. Als Weinhändler hätte ich Aldi nie wahrgenommen und insbesondere nicht als so großen.
Aber erstmal nehmen wir noch einen guten Tropfen zu uns:
2007er Raumland VII. Triumvirat Grande Cuvée Brut vom Sekthaus Raumland
Das ist nicht irgendein Billigsekt, das ist ein richtig guter Tropfen, wo die 0,75 ltr. Flasche so um die 35 € kostet. Und ja, da gab es nichts dran zu deuteln.
Welche Weinarten gibt es eigentlich?
Weißwein aus Weißweinsorten (Mostgärung)
Rose/Weißherbst aus Rotweinsorten (Mostgärung)
Rotwein aus Rotweinsorten (Maischegärung)
Rotling aus Weiß- und Rotweinsorten (Mostgärung)
Und wenn ihr mal Cuvée lest. Das ist gemischter Wein. Also aus mehreren Rot- oder Weißweinen ein neuer kreiert. Das bedeutet nicht, daß da nur irgendwelcher Billigkram zusammengeschüttet wurde, sondern da entstehen wirklich richtig gute neue Weine draus. Wir hatten auch Cuvée mit im Test gehabt im Laufe des Tages. Beim Cuvée sitzt der Winzer mit seinem Leuten dann zusammen und probiert alle möglichen Mischungsverhältnisse aus. Da wird nichts dem Zufall überlassen.
Und dann sind da noch die Güteklassen. Drei Stück gibt es davon:
Güteklassen:
Wein (früher Tafelwein)
Landwein
Qualitätswein
Übrigens, nur weil ein Wein lediglich ein „Wein“ oder „Landwein“ und kein „Qualitätswein“ ist, muß er nicht schlechter schmecken. Ich hatte auch bereits Qualitätsweine im Glas, die mir absolut nicht schmeckten und es gibt Landweine, die wirklich traumhaft sind. Und wenn euer Lieblingswein ein einfacher Wein ist, dann ist das auch okay. Also nicht durch die Güteklassen verrückt machen lassen. Wichtig ist, daß euch der Wein schmeckt.
Und dann sind da noch die Prädikatsstufen. Ja, ist schon kompliziert mit dem Wein. 😉
Kabinett (Lese von reifen Trauben, Mostgewicht zwischen 70° und 85° Öchsle)
Spätlese (Lese von vollreifen Trauben, Mostgewicht zwischen 80° und 95° Öchsle)
Auslese (Lese von besonders ausgesuchten vollreifen Trauben, die durch Edelfäule konzentriert sein können, Mostgewicht zwischen 88° und 105° Öchsle)
Beerenauslese (Lese von vollreifen, edelfaulen Trauben, Mostgewicht zwischen 110° und 128° Öchsle)
Eiswein (bei mindestens -7° Celsius am Rebstock gelesene Trauben, die im gefrorenen Zustand gekeltert werden, Mostgewicht zwischen 110° und 128° Öchsle)
Trockenbeerenauslese (Lese von rosinenartig eingeschrumpften edelfaulen Beeren, Mostgewicht zwischen 150° und 154° Öchsle)
Kurze Pause und dann gings weiter.
Zwei Weine im schwarzen Glas. Man konnte also nichts sehen. Aber schmecken. Zumindest wusste ich gleich, daß im ersten (linken) Glas Rotwein war. 😉 Aber es macht Spaß so zu versuchen den Wein zu analysieren. Man sieht nichts, man riecht und schmeckt ihn nur und muß sich so auf beide Sinnesorgane genau konzentrieren. Hat wirklich Spaß gemacht.
Achja, was in den Gläsern drin war:
2012er Vision Heuchelberg Trollinger trocken der Heuchelberg Weingärtner eG
Jetzt gab es dann erstmal die Mittagspause. Hatten wir uns redlich verdient. Man hatte uns ein nettes Buffet aufgebaut und so gab es für mich Schweinemedaillons mit Bohnen und Bratkartoffeln und als Nachtisch einen himmlischen Apfelstrudel mit Vanillesoße.
Nach dem Mittagessen ging es weiter im Programm, also nichts mit Verdauungsschläfchen oder so.
Die Rebsortenmerkmale standen auf dem Programm:
-Zuckerbildung
-Extraktaufbau
-Säurestruktur
-Aromabild
-Gerbstoffgehalt
-Farbstoffentwicklung
Und zu den Aromen ist noch zu sagen, daß es da drei Typen von gibt.
Primäraromen
Sekundäraromen
Tertiäraromen
Ihr merkt schon, echt viel Theorie gabs da. Aber der Lehrgangsleiter Kurt Jannett hat das super rübergebracht und so schlief niemand währenddessen ein. Und ja, wir saßen inzwischen immer noch auf dem Trockenen.
Aber wir sollten uns mal noch die Frage stellen, was denn so alles Einfluß auf den Wein hat. Da gibt es eigentlich nur drei wichtige Faktoren.
Klima (Klimaerwärmung Problem für Riesling)
Boden (Auswirkungen auf Duft und Geschmack durch Mineralstoffe)
Rebsorte (Jede Rebsorte hat einen eigenen Charakter.)
Und so springen wir jetzt mal zu den Rebsorten. Nicht alle Sorten werden hierzulande angebaut. Das hängt mit den klimatischen Bedingungen zusammen.
Die wichtigsten deutschen Weißweinsorten sind:
Riesling (35 %)
Müller-Thurgau (19 %)
Grauburgunder (8 %)
Silvaner (8 %)
Weißburgunder (7 %)
Kerner (4 %)
Bacchus (3 %)
Chardonnay (4 %)
Scheurebe (2 %)
Sonstige (11 %)
Die wichtigsten deutschen Rotweinsorten sind:
Spätburgunder (33 %)
Dornfelder (22 %)
Portugieser (10 %)
Trollinger (6 %)
Müllerrebe (6 %)
Regent (6 %)
Lemberger (5 %)
Sonstige (12 %)
Übrigens ist die Weinrebe an sich schon über 150 Millionen Jahre alt. Jetzt war es Zeit für eine Pause. Die musste sein, denn die Tische wurden neu bestückt. Die Gläser wurden gegen neue ausgetauscht, denn nun begann die Degustation Deutscher Weine, also die Verkostung.
Was wurde denn verkostet?
1) 2014 Iphofer Kalb Silvaner Kabinett trocken vom Weingut Ernst Popp, Iphofen
2) 2011er Burg Layer Schlossberg Riesling trocken Großes Gewächs vom Schlossgut Diel, Rümmelsheim
3) 2013er OKTAV Grauburgunder Kabinett trocken vom Weinhaus Heger, Ihringen
4) 2013er Weingeschwister Chardonnay und Weißburgunder trocken vom Weingut Kurt Erbeldinger und Sohn, Bechtheim
5) 2013er Scheurebe trocken vom Weingut Theo Minges, Flemlingen
6) 2014er Toujours Rosé Cuvée trocken, Spätburgunder und Frühburgunder vom Weingut Deutzerhof, Mayschoß
7) 2011er Spätburgunder trocken (im Barrique gereift) vom Weingut Klumpp, Bruchsal
8) 2011er St. Laurent, trocken vom Weingut Runkel, Bechtheim
9) 2012er Maikammer Heiligenberg Cabernet Sauvignon Spätlese trocken vom Weingut Herrengut, St. Martin
Und dann testeten wir noch außer der Reihe einen Dornfelder, von dem ich aber nicht mehr weiß welcher das war.
Nach so viel Weinen bedurfte es einer Pause, die ich mir mit Espresso, Joghurt und Süßigkeiten verkürzte. Und danach, da wurde es dann ernst.
Die Prüfung stand an und war zweiteilig. Zum einen musste man fünf der Weine erkennen, die zuvor verkostet wurden und dann noch einen Fragebogen ausfüllen. Auch das schaffte ich irgendwie und war ob des Ergebnisses gespannt.
Nach der Prüfung war eine größere Pause, man konnte die Zimmer beziehen und danach trafen wir uns wieder zum Abendessen inkl. der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse.
Eine kurze Ansprache folgte nachdem wir zur Überbrückung uns schon an einer Curry-Ingwer-Suppe erlaben durften. Erstes Getränk dieser Runde:
2015er Glera -aus Versuchsanbau- trocken, Deutscher Qualitätsperlwein (in Italien als Prosecco bekannt *g*) von der Winzer eG Herrenberg-Honigsäckel aus Bad Dürkheim-Ungstein/Weinstraße
Was soll ich sagen. Ein Traum von einem Prosecco, ähm Qualitätsperlwein. Man achte bitte auf die Jahreszahl und den Hinweis „aus Versuchsanbau“. Das ist keine Massenware, das ist ganz rarer Stoff.
Tja, und bevor es dann zum Abendessen ging, keine Angst das beschreibe ich euch auch gleich noch ganz detailliert, wurden die Prüfungsergebnisse bekannt gegeben. Tja, und was soll ich sagen: es hat bei mir für den dritten Platz gereicht und neben einer Urkunde und einer Flasche Rotwein (Mercure Cuvée M IV) gab es einen Gutschein für zwei Übernachtungen mit Frühstück an einem Wochenende im Mercure Düsseldorf City Center.
Tja, und nun wirds richtig kulinarisch.
Das Abendessen bestand aus einem 5-Gänge-Menü und zu jedem Gang wurden zwei Weine gereicht. Je ein Wein aus Deutschland und einer aus Österreich. So entstand ein kleiner Wettbewerb welcher Wein besser schmeckt. Und auch da gab es wieder reichlich zu lernen, denn es macht geschmacklich tatsächlich einen Unterschied ob man einen Wein pur trinkt oder unmittelbar zum Essen dazu.
Die Menüfolge des Abendessens sah wie folgt aus:
1) Verschiedene RELAX Cold Cuts
(Auswahl verschiedener Sorten Schinken und Käse)
2014er Schiefer Riesling vom Weingut Kruger-Rumpf, Nahe
2014er Welschriesling Steirische Klassik vom Weingut Erwin Sabathi, Leutschach/Südsteiermark
2) Hausgemachte Penne mit Pesto alla Genovese
2014er Krug’scher Hof Auxerrois vom Weingut Menger-Krug, Rheinhessen
2014er Grüner Veltliner Himmelreich vom Weingut Familie Fritz, Zaussenberg/Wagram
3) Lachsfilet gebraten, mit Frühlingslauch an Kirschtomatengemüse und Basmatireis
2014er Grauer Burgunder SE vom Weingut Weber, Baden
2014er Sauvignon Blanc Kitzecker von Weingut Wohlmuth, Kitzeck-Fresing/Südsteiermark
4) Argentinisches Rumpsteak vom Black-Angus-Beef mit Steakhouse Fries und Pfefferrahmsoße
2013er Mercure Cuvée Edition MV von Christian Hirsch, Württemberg
2008er Cuvée Pannobile vom Weingut Pittnauer, Gols/Neusiedlersee
5) Warmes Schokoladenküchlein & Crème brulée
2011er Bacharacher Wolfshöhle, Riesling Beerenauslese vom Weingut Ratzenberger, Mittelrhein
2013er Temento sweet, Beerenauslese vom Weingut Tement, Ehrenhausen/Südsteiermark
Und damit endete dann das Grands Vins Mercure Weinseminar. Ein Tropfen leckerer als der andere. Es war schwer Favoriten zu benennen. Interessant: während die beiden Weine zum Dessert sehr süß rüberkamen wenn man sie vorab pur verkostete, so wirkten sie viel weniger süß wenn man kurz vorher etwas vom Dessert aß. Faszinierend wie die Geschmacksnerven da unterschiedlich reagieren.
Und meine Favoriten beim Abendessen?
1) der deutsche Wein
2) ausgeglichen
3) ausgeglichen
4) der deutsche Wein
5) der österreichische Wein
Aber keiner war wirklich schlecht, was mich auch stark gewundert hätte. Wein ist und bleibt halt immer Geschmackssache und vieles hängt wirklich auch davon ab, was man dazu verzehrt.
Übrigens: ja, das waren 25 verschiedene Weine, die ich da im Laufe des Tages verkostete. Dennoch war ich nicht wirklich betrunken und hatte am anderen Morgen auch keinen schweren Kopf. Der Grund: man kostet immer nur einen kleinen Schluck und trinkt nicht alles aus. Der Großteil des Weines wurde, so hart das auch klingen mag, weggeschüttet. Dazu kam, daß es über den Tag verteilt immer wieder was zu essen gab und zwischendurch auch genug Mineralwasser getrunken wurde.
Für mich steht fest, daß ich mal wieder so ein Weinseminar mitmachen werde. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Hubert
Klingt echt nach einem tollen Erlebnis.
Auch wenn Wein wegschütten natürlich nicht in Frage kommt…
Torsten
Doch, weil sonst wärst du schon vor der Prüfung besoffen gewesen. Wir haben insgesamt 25 Sorten Wein getestet im Verlauf des Tages.
Olja
Vielen Dank für so eine ausführliche Beschreibung, hat Spaß gemacht es zu lesen, als wäre ich selbst live dabei! Ich wollte immer an so einem Weinseminar teilnehmen und jetzt umso mehr