Kostenloser ÖPNV – ja bitte, aber richtig!

Aktuell machen Nachrichten die Runde, daß die Bundesregierung plane in einigen Orten einen kostenlosen Nahverkehr anzubieten. Ziel dürfte in erster Linie die Verbesserung der Feinstaubwerte in den Orten sein, damit man um Fahrverbote drumherum kommt. Man hofft also, daß möglichst viele Autofahrer auf Busse und Bahnen umsteigen werden.

TW 305 verlässt den Hauptbahnhof

Ich möchte da jetzt auch mal meinen Senf dazu geben.

1. Es gibt keinen echten kostenlosen ÖPNV, denn die anfallenden Kosten trägt natürlich irgendwer. In dem Fall der Staat, der dafür Steuermittel einsetzt und die kommen ja von den Bürgern und Firmen. Also letztlich zahlt man dann den ÖPNV doch, aber halt nicht mehr weil man eine Fahrkarte gekauft hat.

2. Ja, das kann funktionieren und ja, da muß man vorab einiges für tun.

Natürlich sollte man nicht einfach denken, man verzichtet morgen auf die Fahrscheine und dann war es das gewesen. So ein Angebot wird dann natürlich, und das ist ja der Sinn, auch viel stärker genutzt werden. Das heißt zuerst sollte man Verkehrsströme analysieren und darauf aufbauend das Liniennetz entsprechend entwickeln. Wenn ich weiß, daß morgens zwischen 7 und 9 Uhr 1.500 Autos aus Kleinsiehstemichnicht nach Obergroßstadthausen fahren und zwischen 15 und 17 Uhr das dann wieder retour, dann muß ich zu diesen Zeiten ein entsprechendes Alternativangebot schaffen, damit diese Leute freiwillig auf das Auto verzichten. Selbst wenn nur die Hälfte davon das kostenlose Angebot annimmt, verringert sich der Fahrzeugstrom schon immens, was sich dann auch wieder auf die Schadstoffbelastung auswirkt und auf die Reisezeit, weil weniger bis keine Staus mehr auftauchen und man so schneller von einem Ort im nächsten ist. Es muß nicht überall im 10 Minuten-Takt gefahren werden, es muß aber ein bedarfsgerechtes Angebot geschaffen werden.

TW 1310

3. Es ergeben sich zahlreiche volkswirtschaftliche Vorteile daraus

Zum Einen werden die Gerichte entlastet, was Prozesse wegen wiederholtem Schwarzfahren angeht. Ebenso muß dann dafür keiner mehr ins Gefängnis. Auch das führt zu Kostensenkungen bei der Staatskasse. Die freiwerdenden Richter hätten auch so keine Langeweile, weil jede Menge Prozesse drauf warten geführt zu werden.

Dann natürlich führen verringerte PKW-Fahrten auch zu geringeren Unfallzahlen und somit auch zu weniger Toten und Verletzten bei Verkehrsunfällen. Das entlastet auch die Versicherer, wodurch auch Senkungen der Prämien im Bereich der KFZ-Versicherung vorstellbar sind.

Es werden keine Fahrscheinautomaten mehr aufgebrochen und zerstört, weil es einfach keine mehr gibt. Die freiwerdenden Fahrscheinkontrolleure kann man ggf. zu Bus- und Straßenbahnfahrern umschulen, denn dort wird dann ein erhöhter Personalbedarf entstehen.

Weniger Autoverkehr in den Innenstädten sorgt auch für weniger Parkplatzbedarf, sodaß überflüssige Parkplätze zu Grünanlagen umgewandelt werden können und somit die Reinigung der Luft mit vorantreiben können.

Tw 1302 und Tw 1309 in Herrenkrug

Die Pendlerpauschale könnte man abschaffen und die eingesparten Gelder in den ÖPNV investieren.

Wenn sich die Kommunen zusammenschließen, könnte man mittels Sammelbestellungen für Busse und Straßenbahnen eine Menge Geld bei der Fahrzeugbeschaffung sparen.

Das Geld, was die Menschen selbst dadurch sparen, können sie anderweitig ausgeben und so über die Händler wieder ein Teil davon als Steuern zurückzahlen und dennoch haben sie selbst mehr davon.

Alles kann aber nur funktionieren, wenn alle Beteiligten sich vorab zusammensetzen und gemeinsam entsprechende Planungen machen und die Finanzierung klären. Und dann könnten wir hier in Deutschland mal wieder Erfolgsgeschichte schreiben. Also los, setzen wir es um!

2 Comments

  1. Torsten, was die Unfälle angeht, unterliegst Du einem Denkfehler: Die schweren Unfälle mit Verletzten oder gar Toten passieren in der Mehrzahl außerorts, daran würde sich durch ein kostenloses ÖPNV-Angebot nichts ändern. Sonst hat die Idee des fahrscheinlosen Bus- und Bahnverkehrs Charme. Allerdings profitiert davon nur ein Teil der Bevölkerung, nämlich all diejenigen, die in Städten wohnen. Auf dem Land wäre es schön, wenn es überhaupt einen ÖPNV gäbe, der den Namen verdient. Deshalb wäre auch die Abschaffung der Pendlerpauschale ungerecht. Sie träfe vor allem die, die nicht umsteigen können und die weitesten Wege haben. Bleibt die Frage, wie weit man ÖPNV definiert. Ist das nur der Verkehr innerhalb der großen Städte? Wie sieht es mit denen aus, die täglich mit der Bahn in die die nächste Großstadt pendeln und dabei etwa 50 oder mehr Kilometer zurücklegen? Ist das noch ein ÖPNV – also solcher sind Regionalzüge meines Wissens definiert – oder doch nicht? Soll auch in solchen Zügen kein Fahrschein mehr nötig sein?
    Es gibt also noch viele Fragen, aber wie gesagt: Die Idee hat Charme.

  2. Hallo Susanne,

    also sicher würden in erster Linie die Menschen in Großstädten von profitieren, aber es geht auch erstmal um Masse statt Klasse. Und auf dem Dorf braucht man ja nicht wirklich einen Busverkehr im 10-Minuten-Takt. Aber wenn du meinen Beitrag liest, merkst du auch, daß ich da den Zubringerverkehr zu den Städten auch mit beispielhaft aufgeführt habe.

    Gemeint ist ansonsten erstmal der Bus- und Straßenbahnverkehr, nicht der Eisenbahnverkehr. Allerdings sind mir Beispiele aus anderen südosteuropäischen Ländern bekannt wo Rentner z.B. kostenlos mit der Bahn fahren können.

    Langfristig würde sich aber auch auf dem Land einiges ändern, aber sicher erst ein Schritt nach dem anderen.

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