Wikileaks, Paypal, Amazon und Co.

Paypal, Amazon und weitere Dienstleister haben in den letzten Tagen ihre Verträge mit Wikileaks aufgekündigt. ich möchte an dieser Stelle nicht darüber diskutieren ob diese Firmen korrekt gehandelt haben oder nicht, dazu fehlt mit der juristische Background um die objektiv bewerten zu können.

Mir geht es eher um die jetzt auftauchenden Boykottaufrufe von denen man in mehr oder weniger starker Intensität z.B. auf Twitter liest.

Boykott von Amazon

Wer Amazon boykottiert, boykottiert damit auch die deutsche Wirtschaft. Amazon ist ein großer Player und betreibt in Dautschland mehrere Versandlager in denen mehrere tausend Mitarbeiter angestellt sind. Unabhängig davon stellt Amazon auch keinen wirklichen kleinen Kunden für Dienstleister wie DHL oder Hermes dar. Fazit: es stehen ne ganze Menge Arbeitsplätze auf dem Spiel. erinnern möchte ich da auch nur mal an den Quelle-Konkurs wo DHL auch alleine mehrere hundert Mitarbeiter nur für Quelle angestellt hatte.

Zum anderen kommt dazu, daß Amazon bei vielen Dingen preislich ganz weit vorne mitspielt und spätestens wenn es dann an den nächsten Preisvergleich geht wird man feststellen, daß man nun doch einiges mehr zahlen muß. Dazu kommt ein wirklich top Kundenservice bei Amazon und den bekommt man leider wirklich nicht überall.

Boykott von Paypal

Auch vom Boykott von Paypal liest man immer wieder. Nun sicher, es gibt auch andere Zahlungsanbieter die man nutzen kann. In Konsequenz aus dem Boykott von Paypal müßte man aber, wenn man wirklich konsequent sein möchte, auch all jene Unternehmen boykottieren die Paypal anbieten und spätestens dann wird es schwer, denn Paypal hat sich mittlerweise zu einem Standardbezahlsystem entwickelt und immer mehr Shop bieten Paypal an. Will man die wirklich alle boykottieren? Dann bleibt bald wirklich nur noch der teure Offline-Einkauf über. Viel Spaß beim Tüten schleppen.

Boykott von Ebay

Auch über einen Boykott von Ebay, als Muttergesellschaft von Paypal, wird geredet. Auch hier gilt zu beachten, daß man damit nicht nur Ebay schädigt sondern in erster Linie auch viele kleine Firmen die Ebay als einzigen oder zumindest als Hauptabsatzkanal nutzen. Das widerum kann dann Arbeitsplätze kosten. Von daher sollte man sich wirklich überlegen ob solch ein Boykott der richtige Weg ist.

Fazit: Bei so einem Boykott gibt es meist mehr als nur einen Verlierer. Deshalb sollte man mit voreiligen Boykottaufrufen vorsichtig sein und sich auch einmal Gedanken über die Auswirkungen machen.

15 Comments

  1. orbi

    Zaghaftes handeln ist hier fehl am Platz. Nun zählt es mit aller Kraft und Härte gegen die Hetzjagd auf Wikileaks vorzugehen. Auch sollte dies Arbeitsplätze kosten! Jede Revolution fordert Ihre Opfer.Und um die Whrheit ans Licht zu bringen darf kein Preis zu hoch sein.Wenn wir jetzt verlieren,welche Zukunft haben wir dann?
    Zensur!!!!!!!!!

  2. nokia_fan

    Ich finde, daß sich die Leute, die jetzt zum Boykott aufrufen oder andere Aktionen gegen diese Unternehmen starten, richtig verhalten.

    Es kommt halt immer das Totschlag-argument mit den Arbeitsplätzen. Wenn es Amazon nicht mehr gibt, dann wird es einen anderen Händler geben, der die Kunden gerne nimmt und dann gibt es halt DHL Arbeitsplätze nur für den neuen grössen Kunden.Als Kunde bzw. Konsument hast du nur diese Option: Als Kunde wegbleiben. Es gibt noch weitere Ideen. z.B. einen Teil der Werbeeinahmen an Wikileaks spenden. So lässt man diese Unternehmen indirekt mit unterstützen 🙂

  3. Lukenwolf

    Aua. Was sind denn das für Argumente in diesem Blogeintrag?

    1. Arbeitsplatzverlust durch Byokott von Amazon? Kein echtes Argument, wenn man stattdessen alternative Angebote im Netz (ja, auch die gibt es ;)) nutzt, um die Sachen online zu bestellen. Viele andere Firmen werden sich die Hände reiben, wenn Amazon die Kunden weglaufen (hoffentlich). Dazu zahl ich gern ein klein wenig mehr, statt den „global player“ (oder Zensor) zu unterstützen. Bezüglich des Kundenservice stimme ich zu, der ist bei Amazon wirklich gut, und ich werde ihn vermissen, weil ich soeben mein Amazonkonto gekündigt habe. Aber ich werds verschmerzen…

    2. Paypal zu boykottieren dürfte eigentlich recht leicht fallen – es auch hier gibt alternative Anbieter und andere Zahlungsmöglichkeiten.

    3. Ich schädige kleine Firmen, wenn ich Ebay boykottiere? Wohl kaum – wie bei Amazon verschiebt sich nur mein Einkaufsplatz. Es ist ja nicht so, dass ich nichts mehr online kaufen werde – nur woanders. Und wie beim Amazon-Boykott werden sich andere Firmen freuen, wenn die Kunden wechseln.

    Fazit: recht schlecht durchdachte Argumente – die zudem völlig vernachlässigen, welch hohes Gut (nämlich Gedanken- und Redefreiheit der Demokratie) von Amazon, Paypal und Ebay mit Füßen getreten wird… ich bin weiß Gott kein Fan von J. Assange oder fanatischer Anhänger von Wikileaks – aber es erschreckt mich als Bürger in einer westlichen Demokratie, wie hier unverhohlen und offen demokratische Werte missachtet werden – von Regierungsseite aus gesteuert. Manchmal schäme ich mich, im sogenannten „Westen“ zu leben – ich dachte, wir wären ein wenig weiter…

    Gruß
    Der Lukenwolf

  4. guppy -ja genau der

    @lukenwolf
    und du glaubst wirklich, dass durch einen Boykott welcher Art irgend etwas erreicht wird, es geht nicht um eine Ölplattform und das ist nicht Shell

  5. t-rex

    @lukenwolf: Danke, das war es was auch ich geschrieben hätte!

    @guppy: Durch einen Boykott wird sich sicher nichts ändern. Auch durch mehrere Boykotts wird sich nicht viel ändern. Aber genau durch diese Aktionen bleibt das Thema allgemein in der Presse und zieht immer weitere Kreise. Und wer weiss, vielleicht, eines Tages, so Gott will, wird das Thema so bedeutend wie eine explodierte Ölplattform.

    Sonnige Grüsse
    HaPe

  6. Lukenwolf

    @guppy-ja-genau-der
    Ich erreiche durch einen Boykott für mich persönlich, dass ich zumindest nicht das Gefühl habe, diesem Treiben einfach nur zuzusehen. Und wenn es neben mir auch noch andere machen (man werfe einen Blick auf die Facebook-Seite von Paypal), dann hat es vielleicht (und hoffentlich) auch ein bisschen praktische Konsequenz. Ich bekleide nun mal keine hohen politischen Ämter oder habe andere Möglichkeiten, wo ich direkteren Einfluss nehmen könnte – aber das bisschen kann ich tun, und ich fühl mich dadurch einfach besser. Was andere machen, bleibt ja jedem selbst überlassen ;).

    Der Vergleich zwischen der Deepwater-Horizon-Ölplattform hinkt übrigens an so vielen Stellen, dass er wirklich gar nicht als Vergleich taugt… im Falle von Wikileaks und dem Umgang von Amazon, Paypal usw. damit gehts um fundamentale Grundrechte unserer Gesellschaft wie Meinungs- und Pressefreiheit (und ganz nebenbei um die Frage, ob das Internet zukünftig nur das widerspiegeln soll, was eine bestimmte Gruppe sehen möchte oder nicht) – und gerade in Deutschland sollte man durchaus das Rückgrat besitzen und seinen Unwillen gegen antidemokratische Tendenzen kundtun, was ich mit meiner Kündigung bei Amazon, Paypal und Ebay in einem kleinen Rahmen (der sicher beschränkt ist, das weiß ich) getan habe.

    Die explodierte Shell-Plattform war eine Riesensauerei, gar keine Frage – aber dort handelt es sich nicht um von Regierungsseite bzw. politischer Seite betriebene Zensurversuche gegen eine Internetplattform, weshalb wir, wenn wir hier weiter diskutieren wollen, dann bitte auch die Plattform beiseite lassen sollten, denke ich. Da können wir uns gerne bei einem anderen Blogeintrag drüber austauschen 😉

  7. guppy -ja genau der

    Also mal vom Thema abweichend,
    explodiert ist eine Ölplattform von BP, da gab es keinen Boykott.
    Einen Boykott gab es als Shell eine Plattform in der Nordsee versenken wollte und da hat der Boykott etwas bewirkt, denn die Plattform wurde in Norwegen zerlegt, deshalb der Vergleich.

    Zum Thema: ebay, amazon und Konsorten sind eigenständige Firmen, die das tun was sie für ihr Image und Geschäft für sinnvoll halten – also nach Eurer Auffassung soll einerseits Wikileaks die Freiheit haben alles ohne Sichtung und was ihnen in ihren Kopf kommt zu veröffentlichen, andererseits soll der Besitzer der Server nicht entscheiden dürfen ob rechtlich fragwürdige Inhalte auf Ihren Servern laufen ? Ist schon eine seltsame Auffassung von Demokratie und Recht.

  8. Lukenwolf

    @guppy
    Jedem das Seine – der eine mag es undemokratisch finden, wenn Wikileaks „rechtlich fragwürdige“ Diplomatenpost veröffentlicht. Ähnlich wie der Ersteller dieses Blogbeitrags fehlt mir das juristische Detailwissen um beurteilen zu können, inwiefern die Veröffentlichungen wirklich rechtlich bedenklich sind oder nicht – ist mir aber auch egal, weil es an dieser Stelle um mehr geht:

    Wir beobachten zur Zeit, wie Wikileaks Dinge veröffentlicht, die eigentlich weder sonderlich brisant noch sonderlich neu oder verblüffend sind. Wir stellen stattdessen fest: Politik ist ein recht erbärmliches „Spiel“ um Eitelkeiten, Macht und Geld. Das wusste der politisch interessierte Bürger (den es ja auch geben soll neben der Horde der anderen Lemminge) auch vor Wikileaks. Neu ist hierbei lediglich, es auch mal im Wortlaut lesen zu können (ich kann die Lektüre der Originaldepeschen übrigens nur empfehlen – vermutlich haben das eh nur die wenigsten gelesen und argumentieren pro oder kontra).

    Und jetzt kommt das eigentlich Verblüffende: obwohl wir nichts Neues erfahren und keine echten Skandale aufgedeckt werden, wird auf einmal eine tatsächliche Hetzjagd (auch über sogenannte „eigenständige Firmen“!) auf eine Webpräsenz und deren finanziellen Background gemacht, wie sie bisher seinesgleichen sucht. DAS – und NUR das! – ist es, was mir so zu denken gibt, was mich wundert und staunen lässt – und was mich darüber ins Grübeln kommen lässt, warum eigentlich mit aller Macht hier Wikileaks abgedreht werden soll. Hier sehe ich wirklich gewaltig die Informationsfreiheit im Internet bedroht. Und mein kleiner Beitrag ist es nun, den „eigenständigen Firmen“ meine persönliche „Unterstützung“ zu versagen. Dieses Recht nehme ich mir als Bürger – und freue mich über jeden, der es ähnlich tut. Wer meint, es gäbe gute Argumente, einfach so weiterzumachen wie bisher, der möge das tun. Ich persönlich kann es einfach nicht.

  9. guppy -ja genau der

    @lukenwolf
    Für mich wird die Informationsfreiheit durch solche wahllosen Veröffentlichungen, oder besser Selbstinszenierungen, gefährdet.
    Hat Amazon, Ebay oder Mastercard reagiert, als die Hubschrauberattacke veröffentlicht wurde?, Haben die bei anderen Veröffentlichungen reagiert ? Nein, vermutlich weil diese Veröffentlichungen sinnvoll waren.
    Wenn es meine Server wären, die dann auch vermutlich noch einen Riesentraffic verursachen, und die Veröffentlichungen gegen meine Vorstellungen von Meinungsfreiheit verstießen, hätte ich vermutlich nicht anders gehandelt.
    Aber ein gelebtes Beispiel von Meinungsfreiheit findest Du auch hier:
    https://www.faulig.de/archives/81

  10. Lukenwolf

    @guppy
    Ich fürchte, du magst (oder kannst) nicht so richtig die Argumentation nachvollziehen, die ich oben angeführt habe. Natürlich haben Amazon, Ebay etc. bei der Hubschrauberattacke nicht reagiert – was hätten sie denn da tun können, außer sich peinlichst lächerlich zu machen? Hätte Amazon nach diesem Video, in dem US-Soldaten auf Menschen „Scheibenschießen spielen“, etwa sagen sollen: „Sorry guys, aber wir zeigen so etwas nicht, dass ist gegen unser Demokratieverständnis – wir halten es für richtig, dass Menschen von US-Soldaten auf offener Straße hilflos abgeschossen werden und dies geheim bleibt“?

    Du hast scheinbar ein recht fixiertes Bild von deiner eigenen Meinungsfreiheit und bestehst – warum auch immer – darauf, dass die Depeschen nicht veröffentlicht werden sollen. Deine Meinung ist dein gutes Recht – ich habe meine eigene dazu.

  11. guppy -ja genau der

    Jupp das ist das Schöne, dass jeder seine Meinung haben und auch äußern darf.
    Weakeleaks gab es auch schon vor dem Hubschraubervideo und da wurde auch das Eine oder Andere veröffentlicht, was den „Herrschenden“ nicht gefallen haben dürfte und niemand hat Sanktionen eingeleitet.
    Bei den Depeschen bin ich der Meinung, dass nur gezielt veröffentlicht werden sollte.
    Wenn da wirklich skandalträchtige Meldungen wären, dann ok. Was ich bisher las, das ist bis auf wenige Ausnahmen nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt ist.
    Vielleicht tut es Wekeleaks ja gut, wenn der Kopf ausgetauscht wird. Selber hatte ich vor auch über eine Spende zum Jahresende nachgedacht, aber nun bin ich mir sicher, dass Spendengelder woanders besser aufgehoben sind.

  12. Lukenwolf

    Wer weiß, ob die Spende noch ankommen würde momentan ;)… Bezüglich der Depeschen bin ich allerdings mittlerweile der Ansicht, dass ihr eigentlicher Wert (bzw. der Wert ihrer Veröffentlichung) gar nicht in der Sensation der Inhalte liegt, sondern in ihrem exaktem Gegenteil: nämlich in der Banalität und Nüchternheit, mit der sich die Politik der amerikanischen Diplomaten dort selbst entlarvt. Es wird ersichtlich, welch geringe Rolle solch „altmodische“ Werte wie Moral und Anstand spielen, und es wird klar, dass es so gut wie gar nicht um politische Inhalte, sondern wirlich nur um Macht und Geld geht – mit anderen Worten: die Maske der westlichen Politik wird einfach mal bodenständig. Üblicherweise halten sich die Amerikaner (und wir sicherlich auch) irgendwie für etwas besseres als z.B. Chinesen, Russen oder was auch immer, einfach weil wir unser politisches System für überlegen weil fairer und bürgerfreundlich halten. Diese schöne Fassade ist nun auch belegbar (und nicht nur wie zuvor vermutet) ein bisschen ins Bröckeln geraten. Mehr ist nicht passiert, aber genau das ist es vielleicht, was wir auch mal brauchten. Von daher halte ich es persönlich auch durchaus für wichtig, die scheinbar banalen Depeschen zu veröffentlichen, weil so Transparenz geschaffen wird in einem System, was sich (vermutlich schon viel zu lange) verselbstständigt hat.

    Im Idealfall führt die Depeschenveröffentlichung dazu, dass „das Volk“ (oder besser: der einzelne Bürger) ein wenig mehr Interesse für Vorgänge in der Politik zeigt – und noch idealer: sich vielleicht selbst politisch engagiert, statt nur zu meckern. Das wäre eine wirklich großartige Leistung der Depeschen, finde ich. Träumen darf man ja – und selbst in den USA soll es Leute geben, die es nicht ok finden, was zur Zeit mit Wikileaks passiert. Es gibt also Hoffnung…

    Über die Person Julian Assange kann man lange streiten und vermutlich auch sehr trefflich – momentan ist er halt (noch?) der Vorzeigekopf von Wikileaks. Ich bin ziemlich sicher, dass sich die „Idee“ Wikileaks durch das „Beseitigen“ (ob juristisch, de facto oder wie auch immer) ihres Kopfes nicht löschen lässt, im Gegenteil. Im Moment kocht die Stimmung sehr hoch, alles ist polarisiert – ich glaube, in wenigen Jahren wird man auf diese Zeit gelassener zurückblicken, aber hoffentlich auch voller Zufriedenheit, dass sich durch Wikileaks doch einiges gebessert hat. Die Hoffnung stirbt zuletzt…

  13. ChaosGeek

    Der Boykott ist denke ich auch nicht das Problem. Welchem Unternehmen kann man es da verübeln diese scheinheilige Unternehmung nicht länger unterstützen zu wollen? Was das Gerechtigkeitsempfinden der Anhänger betrifft wird schnell klar wenn Sie die Seiten von Amazon, Paypal, Visa und Mastercard attackieren. Comptersabotage ist das Problem!

    Die Revolution findet nun für alle pseudo Revolutzer hier im Netz statt. Das Internet ist allerdings kein rechtsfreier Raum und von daher lese ich mit Freude die Nachrichten über verhaftete, minderjährige Cracker die sich dann vermutlich auch noch selbst als politische Gefangene sehen.

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